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Der Handschuh & weitere Balladitäten |
Veröffentlicht von Jethro am 12.05.2011 |
Der Handschuh & weitere Balladitäten von Schiller
Idee, Einrichtung, Regie und Spiel: Jethro D. Gründer
Uraufführung: 14. Mai 2005, Dauer ca. 60 Minuten
Friedrich Schiller also, warum eigentlich nicht? Gewiss, als Lyriker war er bei weitem nicht so begnadet wie sein Busenfreund Goethe. Als Dramatiker umso mehr. Doch warum dann seine Balladen? Weil sie wohl noch das Beste seiner lyrischen Ergüsse sind. Und wenn doch nicht, dann auf jeden Fall das was wir aus der Schulzeit von Schiller behalten haben. Ich sage nur „Der Handschuh“. Oder für ältere Menschen sicher auch „Das Lied von der Glocke“. Lumpige 12 Seiten Verse die damals auswendig gelernt werden mussten. Keine Angst, so weit geht es bei mir nicht. Die Glocke ist eingestrichen und mit einem Rhythmus unterlegt. Musik spielt sowieso bei diesem Schillerabend eine nicht zu unterschätzende Rolle. Doch warum der Abend ausgerechnet mit einem Goethegedicht beginnt, das werden Sie erst erfahren wenn Sie ihn sich anschauen. Viel Spaß dabei.
Ach ja, nach einer Stunde sind Sie dann erlöst. Oder begierig auf mehr davon. Wir werden es sehen.
Rezension:
Schauspieler als Löwe, Kunigunde und Koch
Jethro D. Gründer spielt "DER HANDSCHUH & weitere Balladitäten von Schiller"
Balladen von Schiller können unterhaltsam und vielseitig sein - das beweist Jethro D. Gründer mit seinem neuesten Theaterprogramm im Eisenacher Hotel "Thüringer Hof".
Eisenach - Schiller, Schiller, nochmals Schiller - egal, wohin man derzeit im Kulturbetrieb schaut. Da muss sich auch das freie eisenacher burgtheater beteiligen, und da lässt es etwas Ausgefallenes erwarten, wenn der Name Jethro D. Gründer dahinter steht. Bereits der Titel "DER HANDSCHUH & weitere Balladitäten von Schiller" klingt nach einer eigenwilligen Interpretation, und der Beginn mit Goethe mit dem Kommentar "Ich hab das perfekte Gedicht bei Schiller nicht gefunden" ist dann auch einer der typisch augenzwinkernd-frechen Einfällen des Schauspielers. Was anschließend kommt, ist hingegen doch recht traditionell, und könnte in einem anderen Rahmen eher zu müdem Gähnen führen. Aber Gründer schafft es auf seine einzigartige Weise, die Balladen unterhaltsam und spannend zu rezitieren, teilweise sorgt er sogar für Gänsehaut und Herzklopfen. Besonders einfallsreich ist seine Interpretation von "Der Handschuh" in drei Varianten: Als Schüler, Chansonnier und Schauspieler. Da ist er mal aufgeregt-unbedarft und mal charmant-cool, da spielt er den gähnenden Löwen, den springenden Tiger und die schmachtende Kunigunde. Ebenso überraschend ist seine "Ode an die Freude", die auf diese Weise viel weniger pathetisch und viel tiefsinniger wirkt als in der bekannten Vertonung. Um Schiller nicht nur als intellektuellen Moralapostel und Poeten zu zeigen, sondern auch als Mensch mit rein materiellen Bedürfnissen, verliest der Schauspieler außerdem eine Bittschrift über die Leere von Magen und Tabaksdose, ein hohles Herz und angefrorene Finger, und ganz zum Schluss gibt es einen Exkurs zu des Dichters Kochkünsten. Den Umständen entsprechend ist das Stück gelungen - und garantiert unterhaltsamer als manch hochdotierteres Werk zum Schillerjubiläum.
Susanne Sobko
Zuletzt geändert am: 12.05.2011 um 20:05
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